Zeit und das kosmische Eltern-Gesetzt

Eines morgens in Mönchengladbach

Wenn die Kinder morgens ein bisschen zu spät aufstehen, bleib ruhig, es wird schon alles klappen. Freu dich darüber, dass du ein paar Minuten länger schlafen konntest oder ein bisschen Zeit für dich hattest. Und erinnere dich: Zeit ist nur ein Konstrukt, bleib im hier und jetzt, atme tief durch und geh den Tag entspannt an. Es wird schon jeder pünktlich ankommen. Und schließlich wollen Kinder ja kooperieren und den Eltern gefallen.

Und jetzt die Realität:

Heute Morgen habe ich es geschafft 15 Minuten vor den Kindern aufzustehen. Ich liebe diese wenigen Minuten nur für mich alleine. Meistens klappt es nicht, weil das Fräulein irgendeinen Sensor eingepflanzt hat – sobald ich mich aus dem Bett schleichen will, fängt sie an zu weinen und klammert sich an meinen Arm. Aber heute hat es geklappt. Das musste ich ausnutzen und habe die Kids gleich mal fünf Minuten länger schlafen lassen.

Das Anziehen war auch ein bisschen bummelig. Ich hab es mit einem Wettrennen versucht. Klappt eigentlich immer, um Zeit gut zu machen. „Juhu, wir sind heute mal erster“, ruf ich dem Großen zu. „Och nö Mama, heute machen wir mal ohne Wettbewerb.“ Meine Gesichtszüge entgleisen. Seit wann gibts denn sowas? „Aber wir sind schon mit wickeln fertig und ich will doch auch mal Erster sein..“, versuch ich es noch mal, aber es kommt keine Reaktion.

Ich habe das Gefühl, es war keine gute Idee, die Kinder später zu wecken.

Dann sitzen wir irgendwann am Frühstückstisch. Die Brote sind geschmiert, ich husch schnell nach oben, meine Klamotten holen.

Ich komme wieder und die Brote liegen immer noch auf den Tellern. Ich weise meine Kinder freundlich darauf hin, dass sie auch ins Brot reinbeißen müssen, wenn sie es essen wollen.

Ich schaue lieber nicht auf die Uhr.

Nach der zweiten Runde Nutellabrot müssten eigentlich alle satt sein. Es ist dringend Zeit Zähne zu putzen. Aber beide wollen noch mehr. Seit wann essen die bitte so viel? Morgens um sieben! Und natürlich wollen sie ein Toast, damit es schön lange dauert. Kein Problem, der Plan ist ja entspannt und achtsam in den Tag zu starten. Oder besser gesagt, welche Mutter kann ihr Kind hungern lassen. Also den Toaster hypnotisieren, dass er schneller toastet.

Juhu, irgendwann ist es soweit. Die Zähne sind geputzt, wir gehen Schuhe anziehen. Das ist immer mein persönliches Highlight. Ich schnapp mir das Fräulein mit den Worten „Komm Maus, ich trag dich, dann sind wir ganz schneller unten.“

Wir kommen unten an, das Fräulein heult und geht die Treppe wieder hoch. Sie möchte alleine runter gehen.

Irgendwann ist sie wieder unten. Na gut, durchatmen und Schuhe anziehen. Sie will wieder hoch, der Fisch fehlt. Ich mach ne Ansage, dass ich den Fisch hole. Sie soll Schuhe anziehen.

Ich komme wieder. Den Fisch habe ich zum Glück gefunden. „Maus, du hast Entenfüße, du musst die Schuhe andersrum anziehen.“ Ich möchte helfen, das Fräulein schreit.

Und wo ist überhaupt der Große? „Hopp, nicht bummeln. Leg das Buch weg und hol deinen Ranzen“, ruf ich ihm zu und ignoriere das Gemecker. Zweite Ansage: „Trinkflasche holen, auffüllen und Schuhe anziehen… BIIIITTTEEEEE.“

Ich geh mit der Kleinen schon mal zum Auto. Der Große schreit, ich solle warten. Kann ich nicht, sorry, ich bin von Natur aus ungeduldig, Sternzeichen Löwe halt. Ich schau lieber nicht auf die Uhr.

Ein Schal fehlt. Ich verspreche den Kindern hoch und heilig, dass wir den im Auto haben und nacher ganz bestimmt finden. Ich habe keine Ahnung wo der Schal ist.

Innerer Freudentanz, wir sind im Auto und die Laune ist auch noch einigermaßen gut. Und der Schal würde auch nicht mehr erwähnt. Leises Stoßgebet nach oben: „Lass bitte eine grüne Welle sein!“ Die erste Ampel ist rot, vor mir zwei Busse. Seit wann fahren hier so viele Busse?

Irgendwann parken wir, nach einer roten Welle und übermäßig viel Berufsverkehr, wie es ihn nur an Tagen gibt, an denne man spät dran ist. Kosmisches Eltern-Gesetz eben.

Ich erkläre meinen Kindern, dass wir uns ein bisschen beeilen müssen.

Jetzt die Routine: Kinderwagen rausholen, die Kleine rein setzen, schauen, ob der Große ne Maske mit hat, Auto abschließen nicht vergessen. Punkt eins klappt. Punkt zwei: das Fräulein will laufen. Ich setz sie einfach in den Wagen. Es folgt Geschrei mit besonderer Tonlage.

Ich schau nach dem Großen, er starrt seinen Ranzen an. Ich schiebe ihn zur Seite und geb ihm den Ranzen.

Langsam werd ich sauer, die Autotür knallt, nutzt nichts. Einmal tief durchatmen, schon besser.

Keiner will Jacken anziehen. Warum auch, es ist ja nur kalt. Na ja sie werden es irgendwann schon merken. Ich schnapp mir das brüllende Fräulein auf den Arm. Los geht`s. Sie will wieder runter und selber laufen, aber natürlich nicht so schnell wie ich.

Nach ein paar Metern bleiben wir stehen. Der Große friert. Also Jacke anziehen.

Beide Kinder bummeln hinter mir her. Ich sag „Tschüß“ und geh schneller. Beide schimpfen mich. Ich nehm das Fräulein wieder auf den Arm. Irgendwann sitz sie dann doch im Kinderwagen. Wettrennen mit dem Großen. Beide Kinder lachen. Puh, Gott sei dank, die Laune ist wieder gut.

Wir erreichen die Schule mit dem ersten Gong. Es hätte schlimmer laufen können.

Den Weg zur Kita können wir entspannt angehen. Nachdem ich das Fräulein abgegeben habe, wundere ich mich über die Stille. Auf dem Weg nach Hause sind alle Ampeln grün. Kosmisches Eltern-Gesetz eben.

Ein Gedanke zu “Zeit und das kosmische Eltern-Gesetzt

  1. Pingback: Jahresrückblick 2021 – Auf neuen Wegen – Harnal Saran Kaur

Hinterlasse einen Kommentar